Dieselgate

Kobayashi-Maru in Wolfsburg

Ex-VW-Chef Winterkorn ein heimlicher Trekkie? Das Dieselgate des Volkswagenkonzerns zeigt: Captain James T. Kirk hat einen schlechten Einfluss auf deutsche Ingenieure. Eine satirische Betrachtung des VW-Skandals.

Dem legendären Captain des Raumschiffs Enterprise, James T. Kirk, sagt man in ferner Zukunft nach, dass er als einziger Raumschiffkommandant seinerzeit den „Kobayashi Maru-Test“ bestanden hat. Es ging um eine Simulation, die eine ausweglose Situation darstellt, die eigentlich kein Raumschiffkommandant lösen kann. Entweder wird sein Schiff von den gegnerischen Klingonen zerstört, weil sie schlicht in der Überzahl sind und — in diesem Fall die „Enterprise“ — in eine Falle gelockt haben, oder er flüchtet und lässt das auf eine „gravimetrische Mine“ aufgelaufene Frachtschiff „Kobayashi Maru“ im Stich. Letztes würde aber eine der obersten Direktiven der Föderation verletzen, wonach einem havarierten Schiff stets zur Hilfe zu eilen ist. Kirk löst das Problem, indem er das Simulationsprogramm manipuliert und — in einer der Zeitlinien — die Schutzschilde der gegnerischen Schiffe einfach abschaltet.

Eine solche Ausweglosigkeit müssen auch Ex-VW-Chef Martin Winterkorn, Teile des Vorstands in Wolfsburg und wohl auch einige der VW-Ingenieure umgetrieben haben. Um die Rendite beim Verkauf der Dieselfahrzeuge in den USA (und in Deutschland) nicht zu sehr zu belasten, gleichzeitig die ambitionierten Umweltauflagen einzuhalten und die Kunden nicht auch noch durch das stetige Hantieren mit Harnsäure zu belästigen oder den Fahrzeugpreis über Gebühr erhöhen zu müssen, wurden einfach die Parameter der Umweltprüfung geändert: Immer, wenn die Fahrzeuge auf dem Prüfstand standen, schaltete der Manipulationschip auf „saubere Umwelt“, außerhalb auf den Straßen wurden dann wieder die Schadstoffe aus dem Auspuff geblasen. Das Auto konnte mit starker Fahrdynamik punkten, und sein Lenker musste sich nicht mit dem Harnstoff an den Tankstellen herumschlagen. Zudem hatten die Käufer gleichwohl ein gutes Umweltgewissen.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Die Parallelen zu Star Trek und dem „Kobayashi Maru-Test“ sind insofern einfach zu verblüffend, als dass sie ein Zufallsprodukt sein können. Das Geheimnis: Winterkorn oder andere führende Persönlichkeiten bei VW müssen Trekkies sein. Sie haben ihren Kirk gelesen — und ein wilder Geistesblitz dürfte auf die Politur des Vorstandstisches niedergegangen sein. In der Vereinigten Föderation der Planeten im Jahr 2258 die bösen Klingonen, hier in der Volkswagen-Föderation im Jahr 2015 die dunkle Macht der US-Umweltbehörde. Dort das Simulationsprogramm, hier der Fahrprüfstand. Dort ein Software-Hack durch Captain Kirk, hier ein Manipulationschip durch findige VW-Ingenieure. Im Star-Trek-Universum wurde Kirk die Manipulation aber noch verziehen, weil er nach bestandenem Test sogleich zum nächsten Abenteuer abberufen wurde, um den Alpha-Quadranten vor den Klingonen, Romulanern oder Cardassianern zu schützen. Im Autouniversum des VW-Konzerns, das hatte der Wolfsburger Trekkie offenbar nicht beachtet, gelten die Gesetze von Hollywood nun mal nicht. Aber auf der Höhe des Erfolgs mit Abermillionen auf der hohen Kante, und dem Gefühl, die Politik dem Konzern Untertan machen zu können, kann man das schon mal vergessen.