Die weiterhin schwelende Euro-Krise hat gleich mehrere Dimensionen: Zunächst waren die Banken betroffen wegen geplatzter Investments und fauler (Bau-)Kredite, dann viele Staaten, die ihnen aus der Patsche geholfen, sich damit aber verhoben hatten, und zu guter Letzt zeigte sich unter der erhöhten Wahrnehmung der Marktakteure, dass einige Volkswirtschaften jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt haben. Letzteres war vor allem in Griechenland der Fall, weshalb viele Ökonomen darüber nachsinnen, wie man die Lage in den Griff bekommen kann, ohne dass Athen aus der Währungsunion ausscheiden muss.
Die Einführung einer Parallelwährung wäre so ein Vorschlag, der sich in jüngster Zeit immer größerer Beliebtheit erfreut. Wie der Mannheimer Ökonom Roland Vaubel unlängst in einem Vortrag vor dem Center for Financial Studies (CFS) darlegte, gibt es dafür zahlreiche Beispiele angefangen im Altertum, über das staatliche Papiergeld in England, Preußen und Frankreich der Neuzeit, den „Continental Bills“ in den USA und den privaten Banknoten während der Weimarer Hyperinflation. Vorschläge für eine Parallelwährung wurden überdies in den siebziger Jahren unterbreitet, um die Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung über einen Wettbewerb der Währungen zu orchestrieren.
Zu Letzterem ist es bekanntermaßen nicht gekommen. Der Euro wurde verhandelt, vertraglich festgelegt und staatlich verfügt, obgleich die Inflationsdifferenzen zwischen den Ländern immer größer wurden und die Stabilitätsmentalität in der Gemeinschaft so heterogen blieb wie zuvor. Inzwischen hat sich ein enormer Wechselkursänderungsbedarf aufgestaut, der nach Meinung von Vaubel nur durch die Einführung etwa einer „Neuen Drachme“ in Griechenland als Parallelwährung oder – umgekehrt – einem „Hart-Euro“ für Deutschland, wie jüngst vom Münsteraner Ökonom Ulrich van Suntum vorgeschlagen, entspannen könnte.
Im Fall Griechenlands hätte eine sukzessiv abwertende Parallelwährung vor allem den Vorteil, die notwendige Anpassung der Löhne nach unten noch weiter zu treiben. Denn dieser Prozess ist ins Stocken geraten. Zum einen, weil die Bevölkerung blockiert und Reformpolitikern den Laufpass gibt. Zum anderen, weil immer häufiger Gerichte Lohnkürzungen einfach für verfassungswidrig und damit für nichtig erklären. Mit einer abwertenden Drachme könnte dieser Prozess durch die Hintertür fortgeführt werden.
Doch diese Idee ist nur auf dem ersten Blick elegant – und in der Praxis eher riskant. Warum sollten die Bürger in Griechenland darauf eingehen? Die Tarifparteien würden wohl einfach einen Automatismus einbauen, um die Löhne in Drachme stets auf Höhe des Euro zu halten. Zudem würden die Märkte schon beim geringsten Gerücht über ein solches Vorhaben verrückt spielen. „Eine Lösung der Krise“, weiß Vaubel selbst, „kommt letztlich nur durch die innere Einsicht der Bürger zustande“. Um die schwierige politische Überzeugungsarbeit kommen die Euro-Retter also nicht herum. Und die Chancen, dass es ihnen gelingt, stehen schlecht. Die Abstimmung bei der Europawahl im Mai dürfte ihnen die Arbeit nicht gerade erleichtern.