Die heimische Wirtschaft sonnt sich derzeit in einer für ihre Verhältnisse geradezu grandiosen Wachstumszahl: Um 1,5 % hat die Wertschöpfung 2014 zugelegt, so viel wie seit drei Jahren nicht mehr. Seinerzeit hatte sich Deutschland gerade vom tiefen Einbruch durch die Finanzkrise erholt. Anschließend war die Enttäuschung groß, dass sich danach nur noch ein Miniwachstum eingestellt hatte. Insofern sind die gleich nach Bekanntgabe der Wachstumsdaten geäußerten euphorischen Kommentare nachvollziehbar. Zumindest optisch scheint das Konjunkturtief nun überstanden. Und die Hoffnung ist riesig, dass das Wachstum 2015 auf ähnlich hohem Niveau verlaufen wird. Die Beschäftigungs- sowie die Lohnentwicklung und auch die Exporte scheinen eine solch rosige Sicht durchaus nahezulegen.
Aber schon der Blick auf die Quartalszahlen zeigt, dass die optimistischen Prognosen nur Hoffnungswerte darstellen. Denn das relativ hohe Wachstum war fast ausschließlich einem phänomenalen ersten Quartal und einem enormen statistischen Überhang aus dem Jahr davor zu verdanken. Schon im Frühjahr legte die heimische Wirtschaft eine Vollbremsung hin. Bis jetzt trauen die Unternehmen der Entwicklung nicht, wie die ausgedünnten Investitionspläne signalisieren. Die globalen politischen Krisen, die Sanktionspolitik des Westens, die dilettantisch eingefädelte und kostspielige Energiewende sowie jüngste sozialpolitische Entscheidungen haben eine große Verunsicherung in der Unternehmerschaft hinterlassen. Die Angst vor höheren Belastungen ist überall spürbar. Diese Verunsicherung kann nur aufgebrochen werden, wenn die Bundesregierung durch eine klug eingefädelte Reform- und Steuerpolitik sowie flankierende Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung erkennen lässt, dass sie die Sicherung der ökonomischen Grundlagen nicht ganz aus den Augen verloren hat.
Ein solches Signal ist schon daher überfällig, weil die verbreiteten Prognosen auf eher vergänglichen Grundlagen fußen wie den abgestürzten Ölpreisen. Oder sie wurden durch die EZB-Politik künstlich erzeugt wie der sinkende Euro-Kurs. Ihnen stehen auch große politische und ökonomische Risiken gegenüber. Stichworte sind die Ukraine und die Wahlen in Griechenland mit Implikationen weit in die Eurozone hinein. Das macht es umso wichtiger, die Robustheit der heimischen Wirtschaftsstrukturen zu stärken durch Reformen und Investitionen, was ohne die nötigen Berliner Weichenstellungen nicht passieren wird.