SPD

Alt gegen Jung

CSU, SPD und IG Metall wollen die Rentenreformen rückgängig machen – auf Kosten der jungen Menschen. Damit gefährden sie den Generationenfrieden.

Weniger Beitragszahler, längere Lebenszeit, mehr Rentenbezieher. Will sich die Politik auch nur einigermaßen fair gegenüber den Generationen verhalten, lässt ihr die Demografie bei der gesetzlichen Rente eigentlich gar keine Wahl: Die damit einhergehenden Lasten müssen gerecht unter den Altersgruppen verteilt werden. Zu Anfang des Jahrtausends stellte man sich dieser Verantwortung und passte das Rentensystem der demografischen Entwicklung an. Die Eingriffe wurden so austariert, dass jede Generation Einbußen hinnehmen muss: Das Rentenniveau fällt, das Renteneintrittsalter steigt, die Sozialbeiträge klettern bis zu einem Maximalwert, die private Altersvorsorge wird ergänzend staatlich subventioniert.Diese Reformen stabilisierten die Staatsfinanzen, gaben den Unternehmen mehr Investitionssicherheit für die Schaffung neuer Jobs – und haben zusammen mit den Reformen für den Arbeitsmarkt letztendlich auch großen Anteil am Daueraufschwung hierzulande. Ohne Not sind CSU, Teile der SPD und die Gewerkschaften nun aber dran, diesen Generationenvertrag aufzukündigen – natürlich zu Lasten der jungen Menschen und der noch nicht geborenen künftigen Beitragszahler. Zu Lasten Dritter also. Ein solcher Akt von Verantwortungslosigkeit macht fassungslos.

Natürlich werden die Forderungen nach Rückabwicklung der Rentenreformen argumentativ untermalt: Man müsse etwas gegen die Altersarmut tun, die private Vorsorge sei nur Geschäftemacherei, die Selbständigen und Beamten sollte man in die gesetzliche Rente integrieren. Auch ein Preisschild wurde schon drangehängt. Allein der Vorschlag der IG Metall – Absenkung des Rentenniveaus ungeschehen machen – würde bis zu 36 Mrd. Euro jährlich kosten. Finanziert durch höhere Beiträge und Steuerzuschüsse. Es gehe schließlich um „Leistungsgerechtigkeit“, betont die Gewerkschaft. Als ob das für die Beitragszahler nicht gelten würde, deren eigene Rente durch die damit beschleunigte Destabilisierung des Systems noch unsicherer wird – von den unmittelbaren finanziellen Einbußen ganz zu schweigen, die es ihnen dann noch schwerer machen, etwas privat fürs Alter zurückzulegen. Dass es bis jetzt noch keinen Aufschrei der jungen Menschen gegeben hat, kann nur darauf zurückgeführt werden, dass sie die Vorschläge wegen ihrer offenkundigen Einseitigkeit und Dreistigkeit nicht ernst nehmen. Ein Fehler.

Natürlich ist die Altersarmut angesichts eines sinkenden Rentenniveaus, gebrochener Lebensläufe und einer großen Zahl von Geringverdienern ein Problem. Das kann man aber nicht dadurch lösen, dass man einfach höhere Sozialbeiträge ansetzt und die Kosten auf eine andere Generation überwälzt. Keine Rede auch davon, dass Armut unter jüngeren Menschen und unter Familien ein noch viel größeres Problem darstellt als die unter Rentenbeziehern; dass deutlich höhere Sozialbeiträge gerade Geringverdienern schaden und zu mehr Arbeitslosigkeit führen; dass Jüngere ohnehin schon mit steigenden Abgaben rechnen müssen, weil die Pflegeversicherung nicht nachhaltig finanziert ist. Natürlich muss auch die private Altersvorsorge kostengünstiger, transparenter, zielgenauer werden als bisher. Aber darum gleich in die Zeit vor dem Jahr 2000 zurück?

Was treibt die Rückabwickler der Rentenreformen eigentlich zu solch drastischen Vorschlägen? CSU und weite Teile der SPD schielen wohl auf das wachsende Potenzial älterer Wähler. Es geht ihnen nicht um die Zukunft des Landes, sondern schlicht um die eigene im Hier und Jetzt. Und die Gewerkschaften? Sie sehen darin einen Hebel für eine ideologische Kehrtwende. Denn: je mehr staatliche Leistungen über öffentlich-rechtliche Institutionen, desto höher der Einfluss von gesellschaftlich-paritätisch besetzten Gremien, in denen immer auch die Gewerkschaften Sitz und Stimme haben. Sie verlangen zudem, dass auch Beamte und Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen. Ein insgesamt durchaus diskussionswürdiger Vorschlag. Aber das löst nicht das Demografieproblem. Die IG Metall verschlimmert es eher.

Sowohl CSU und SPD als auch die Gewerkschaft machen einen gewaltigen Fehler, wenn sie für ihre durchsichtigen politischen Ziele am Generationenvertrag herummanipulieren: Sie mögen kurzfristig davon profitieren, stehen aber dann als Seniorenlobbyisten da und verlieren die jungen Menschen. Schlimmer: Sie setzen den sozialen Frieden aufs Spiel und unterminieren das Vertrauen in die Sozialsysteme, die wegen des digitalen Wandels der Arbeitswelt ohnehin schon unter Druck sind. Das bringt die Sozialversicherungen dann völlig aus dem Gleichgewicht, was über Arbeitskosten und Investitionsklima unmittelbar auf die Standortqualität durchschlägt. Wenn die Wirtschaft in Zeiten der demografischen Alterung dann deswegen auch noch strauchelt, bekommt der Sozialstaat noch ganz andere Probleme.